Meerforellenangeln auf Mön, Klappe, die zweite … (Teil 1)
Region: Møn & Bogø
Eigentlich sollte dieser Tag im März stattgefunden haben. Aber lief dann ja nicht ganz so wie geplant, wie die Beweisfotos im Bericht unserer ersten Meerforellen-Tour verdeutlichen.
Und was macht man, wenn man derart überzeugt ist, dass in einem neu entdeckten Revier einfach was gehen muss? Richtig: Man startet einen neuen Anlauf. Und wenn das Revier nur halb so gut ist, wie vermutet, dann sollte es auch klappen …. Und wie das geklappt hat!
Erster Morgen - erste Meerforelle!
10 Uhr morgens am Strand von Ålebæk an der Nordküste von Møn: Buddy Fin und meine Wenigkeit fischen bereits seit einer Stunde, als endlich auch Holger und Maik, die eine Fähre später erwischt haben, auftauchen. Erstmal ohne Angelgerät, um zu checken, ob's hier überhaupt lohnt. Auf eine herzliche Begrüßung folgt die Begutachtung der ungewöhnlichen Montage, die ich gerade Fische: Blanker Einzelhaken mit kleinen grünen Perlen davor und ein darüber rotierendes, weißes Spinnerblatt an der Sbirolino-Montage. Bin zwar was Meerforelle angeht, eigentlich eingefleischter Fliegenfischer, aber wollte diese an Forellenseen manchmal unglaublich fängige Montage einfach mal an der Küste ausprobieren.
Dann das Standardgespräch:
„Und? Wie läuft's so mit'm Sbirolino? Soll ja deeeer Bringer hier sein …!“
Umgehend schlägt mein Ironie-Detektor aus.
„Mmmmhjaaa, ging so. Hatte gerade eine Mittvierziger und Fin danach noch eine von 66 Zentimetern auf Blinker ...“
Fast zeitgleich die Antwort von Holger und Maik: „Wie jetzt? Im Ernst?!“
„Jau. Im Ernst und auf Digital-Kamera ...“
Der Blick von den beiden auf die Inhalte des Displays unser mal lässig hervor gezogenen Kamera ist Startschuss für die wohl schnellste Auftackle-Aktion seit Erfindung des Meerforellenfischens. Der elend lange 2013er Winter und die damit verbundene chronische Unterfischung hat anscheinend tiefe Spuren in der Psyche vieler Meerforellenangler hinterlassen. Resultat: Die 300 Meter zum Auto und zurück hätte Usain Bolt nur unwesentlich fixer hinlegen können … Gefühlte Nanosekunden später stehen wir endlich zu viert am Wasser. Eine leichte Welle, top Wasserbedingungen entlang der Küste und auch das erste Leben im Uferbereich ist auszumachen: Hier und da ein paar Tangläufer und ab und an ein Kleinfisch, der unter einem Stein oder im Blasentang verschwindet. Also, wenn ich Meerforelle wäre, dann wäre ich hier! Gibt einem zweifellos ein gutes Gefühl, dass hier Nahrung im Wasser ist und natürlich erst Recht, dass die ersten Fische am Band waren!
Optionen bei Ostwind
Denn eigentlich wollten wir ganz woanders angreifen: Wer schon einmal hier war, weiß, dass einen Meerforellenangler auf Møn eben nicht nur die Aussicht auf einen der ganz großen Fische reizt, sondern mindestens ebenso die sagenhafte Kulisse der bis zu 128 Meter hohen Kreidefelsen. Aber dort zu fischen ist leider nicht immer möglich: Bei stärkeren Winden v.a. aus östlichen Richtungen wird schlichtweg zu viel Kreide aus dem Untergrund geschwemmt und verwandelt die ufernahen Bereiche in eine undurchsichtig, milchige Brühe. Die Chancen auf Meerforelle tendieren in solchen Fällen fast gegen Null. Ein guter Anlaufpunkt, um ohne große Fußmärsche und Klettertouren die Verhältnisse an der Kreideküste zu checken ist, ist der Abschnitt bei Møns Fyr. Hier hat man nach wenigen Metern vom Parkplatz am Leuchtturm einen erstklassigen Überblick über die Kreideküste, die sich hier beginnend nach Norden erstreckt. Und genau das hatten Fin und ich bereits früh morgens gemacht und diese Strecke für – zumindest heute – nicht fischbar eingestuft. Und die Entscheidung, bei den aktuell vorherrschenden südöstlichen Winden die Nordküste anzutesten, war zum jetzigen Zeitpunkt auch schon mal keine schlechte … und sollte noch für einen absoluten Höhepunkt sorgen!
Zurück ans Wasser: Nach verheißungsvollem Start gibt es leider nur noch eine 45er Forelle und einen Nachläufer. Aber is' ja nicht weiter wild. Haben ja noch einige Tage vor uns. Insofern brechen wir das Angeln gegen Mittag erst mal ab, besorgen uns beim Feriepartner-Büro in Stege, dem Hauptort der Insel, unseren Schlüssel fürs Ferienhaus und ab geht's Richtung Ferienhaus-Siedlung Råbylille Strand. Die Hauswahl war ausgesprochen gut: Groß, modern und eine tolle Raumaufteilung, was die unter Umständen überlebenswichtige Trennung von Leistungs-Schnarchern und Gelegenheits-Schnarchern deutlich vereinfacht.
Im Trüben fischen
Nachmittag. Es soll wieder an die Nordküste gehen. Diesmal aber an einen anderen Strand. Spektakulärer. Nicht so spektakulär wie direkt vor der Steilküste von Møns Klint, aber doch schon mehr „Møn-like“: Unsere Wahl fällt auf die Küste vor dem Schloss von Liselund. Keine 20 Minuten später stehen wir fertig aufgetackelt auf dem Parkplatz vor dem Park von Liselund Slot (slot = dänisch für Schloss) und treffen fünf dänische Angler, die gerade Ihren Angeltag beenden. „Ikke fisk“, berichtet uns einer der Angler. Kein Fisch, kein Biss und relativ trübes Wasser. Zwar fischbar, wie er meint, aber bei ihnen tat sich rein gar nichts.
Zu blöd. Wieso fragen wir auch? Die morgendliche Euphorie wird durch den Realitätsschock wieder ein bisschen entschärft. Aber egal – jetzt sind wir hier und greifen an! Einmal den Parkteich halb umrunden, dann entlang des Bachlaufs über eine malerische Schlucht, eine Holzbrücke und Treppen runter ans Wasser. Zwischenzeitlich noch die vom Weg abgekommenen Kollegen einsammeln, denen vor lauter Angelgier der Rechtsknick des Pfades verborgen blieb und die nun orientierungslos an einem Aussichtspunkt schon ernsthaft überlegen, die letzten 10 Meter Höhenunterschied durch einen beherzten Sprung zu überbrücken. Dann aber endlich am Wasser! Und die Gewissheit, der Weg hat sich allein für dieses schöne Revier bereits gelohnt.
Etwas verwöhnt von den Fischkontakten am Vormittag, stellt sich nach einer Stunde ohne Bis doch eine leichte Entspannung ein. Ob diese Stelle nun wirklich so eine gute Idee war? Wo es doch so trüb ist und auch die Dänen nicht eine Schwanzflosse gesehen haben …. Und gerade als Buddy Maik und meine Wenigkeit etwas ratlos am Ufer stehen, krümmt sich unvermittelt Holger Höners Spinnrute zum Halbkreis. „Da hängt was Großes dran!“ schießt es fast automatisch durch den Kopf. Holgers sonst so lockere Art weicht auf einmal einer spürbaren Anspannung: Jetzt bloß nichts falsch machen! Der Fisch nimmt derart schnell Schnur und schießt fast parallel zum Ufer auf und davon, dass Holger ihm durchs milchige Wasser über unsichtbare Steine stolpernd folgt, um ja zu verhindern, dass der Fisch sich um einen größeren Stein wickelt. Ganz ehrlich, ich weiß bis heute nicht, wie er sich bei diesem Eiertanz auf den Beinen gehalten hat, ohne komplett baden zu gehen. So ein Bad wäre ja im übrigen auch ein richtig feines Motiv für die Filmkamera gewesen, die ich nach einigem nervösen Herumgefinger endlich dem Peli-Case entwinden konnte. Aber Herr Höner bleibt standhaft! Auch eine plötzliche Flucht des Fisches direkt auf ihn zu kann er durch ultraschnelles Einkurbeln der locker werdenden Schnur parieren.
Prachtexemplar am Schlosspark
Alles in allem endlos wirkende 10 Minuten braucht es dennoch, bis er den Fisch endlich in die Maschen seines großen Watkeschers bugsieren kann! Eine Meerforelle. Und was für eine! Genau 79 Zentimeter zeigt das Maßband an diesem top konditionierten Fisch. Und dann stehen wir alle da. Fin, Maik, meine Wenigkeit, Holger und sein Fisch. Große Augen und große Freude. Es sind genau diese Fische, auf die man an Møns Küsten jederzeit hoffen darf. Was ein Start auf dieser herrlichen Insel! Was ein Tagesabschluss und welch ein Trip-Anfang!
Fortsetzung folgt …: Teil 2 vom Meerforellenangeln auf Mön
Autor: Holger Bente