Møn. Männer. Meerforellen. März?!
Region: Møn & Bogø
Fünf kamen durch.
Und sie ahnten nicht, was noch kommen würde …
Die dänische Insel Møn im März 2013: Bastian G., Georg S., Lars B., Sven H. und Holger B. sitzen im Ferienhaus am Råbylille Strand und beglückwünschen sich gegenseitig zum Durchbruch: mit 30 km/h zwischen Oldenburg i. H. und Fehmarn über die von Schneewehen zu einem Hindernis-Parcour umfunktionierte A1 gekrochen. Beim Zwischenstopp am McDonalds in Burg auf Fehmarn noch locker an der Einfahrt vorbeigeschlittert und gegen den Bordstein geknallt. Glück gehabt - nix passiert! Georg hatte mit seinem Wagen weniger Glück: Irgendwo auf der A1 lag auf der Autobahn was Hartes in einer Schneewehe und hat ihm einen Teil der Verkleidung am Radkasten abgerissen. Mit 80er Mono geflickt – hält! Bei Windstärke 9 mit der Scandlines-Fähre über den Fehmarnbelt gesetzt und im Hafen von Rødby angekommen. Nur um dann von dort bis zum 20 Kilometer nördlich liegenden Maribo noch langsamer über die mittlerweile einspurige Autobahn zu kriechen. Einspurig, weil die rechte Fahrspur komplett von Schneewehen begraben war! Ab und an lockerte ein liegengebliebenes Auto die weiße Wüste auf.
Kein Schnee mehr?
Ab der Höhe von Maribo dann: Nichts! Alles frei! Kein Schnee! Unbeschreiblich diese Erleichterung bei den Fahrern. Endlich wieder entkrampft Gas geben und wie als wolle man möglichst viel Land zwischen sich und dem gerade durchfahrenen Winter bringen rauschen wir nach Møn. Auch hier kein Schnee. Das Wasser eisfrei. Zwar klirrend kalter Wind aus Ost in Sturmstärke, aber laut Wetterbericht soll er sich die nächsten Tage legen. Ein bißchen Schnee soll's auch noch geben. Sieht aus, als bekämen wir fischbare Bedingungen! Herrlich …
Einkäufe im Super-Brugsen erledigen und Ferienhaus beziehen ist Routine. Ein Blick auf den Strand vor unserer Haustür lässt erstmal Entspannung aufkommen: Weiß schäumende Wellenbrecher jagen über die braune See. Für heute können wir uns das Angeln also schenken. Aber ist ja nicht schlimm. Können ja erstmal in Ruhe ankommen. Gerät aufklaren. Getränkevorrat checken. Georgs Wildschweinwürste probieren. Fliegenbinde-Utensilien griffbereit drapieren. Essen vorbereiten. Abend einläuten.
Es fängt etwas an zu schneien
Der nächste Morgen. Møn im Winterkleid. Verdammt dickes Kleid. Über 20 Zentimeter dick. Hat wohl richtig viel geschneit! Wind ist auch nicht viel weniger. Egal: Nach dem Frühstück brechen wir auf, um mal zu testen, ob der Strand befischbar ist. Fliegenrute? Keine Chance! Wind direkt schräg von vorne mit einer Wucht, dass auch die Spinnfischer ihre liebe Mühe haben, den Blinker Richtung Horizont zu schleudern. Was sich dann allerdings auch nicht als effektiv erweist, da eine reißende Strömung aus östlicher Richtung den Strand entlang jeden Köder in maximal fünf Sekunden rechts an einem vorbei ans Ufer treibt. Irgendwie sinnlos. Aber haben ja noch genug Tage vor uns. Und der Wind soll ja auch bald nachlassen. Immerhin ist Sven erfolgreich: Statt die Wasseroberfläche nach Fischen abzusuchen (was'n Witz!), scannt sein geschultes Auge den Uferkies und wird fündig: Donnerkeile! Gut, wenn man sich zu beschäftigen weiß ….
Abends dann Fliegen binden, lachen, Getränke trinken, lachen, Essen, lachen, auf den Wetterbericht gucken … und nicht mehr lachen. Soll weiter schneien. Chaotische Verhältnisse auf Møn und in vielen anderen Teilen Dänemarks und Deutschlands. Dann die (vernünftige!) Entscheidung der anderen fünf Kumpels, die Mittwoch nachkommen wollten, die Anreise nicht zu riskieren. So war das ja alles nicht geplant.
Der kommende Morgen. Es schneit immer noch.
Versuche mit meinem Wagen vom Ferienhaus wegzukommen. Klappt nicht. Schneewehen zu hoch! Zum Glück hat Svens Wagen Allrad-Antrieb! Beim Verlassen unserer Ferienhaussiedlung versperrt eine Schneewehe, die ein von einer Querstraße kommender Schneepflug aufgeschüttet hat, unseren Weg. Direkt auf einer Anhöhe. Ist ja egal – haben ja Allrad! Und das hat sich Sekunden vorher wohl auch ein Däne gedacht, der kurz bevor wir die Schneemauer erreichen, von der anderen Seite durchbricht. Puhhh! Gerade nochmal gutgegangen …
Nach der Rückkehr vom Einkauf wieder Fliegenbinden, Angry Birds spielen, Wildschweinwürste essen und einen neuen Versuch am Hausstrand starten. Andere Strände sind schlichtweg nicht anzufahren! Immerhin: Der Wind hat nachgelassen und das Fischen mit der Fliegenrute ist machbar. Zumindest der Spaßfaktor beim Angeln erhöht sich deutlich. Ein Blick in das kaffeebraune Eiswasser lässt aber den Optimismus, was die Chancen auf einen Biss angeht, auf Höhe der aktuellen Luft-Temperatur sinken. Was soll's? Wir haben's versucht!
Was eher als Scherz gedacht war, sorgt für verdammt gute Laune: Wir haben zwei Glühweinflaschen dabei! Toll, was solche bewusstseinserweiternden Heißgetränke aus uns raus holen: Georg presst Schnee in eine Kühlbox und reiht die so entstandenen Schneeblöcke auf dem Terrassentisch aneinander. Basti schnappt sich das Brotmesser und formt die Mutter aller Meerforellen! Darauf einen Glühwein!
Der nächste Morgen. Es schneit. Ach was?
Aber der Wind ist spürbar weniger geworden. Eine Idee kommt auf: Wir könnten zu Fuß den drei Kilometer östlich liegenden Süßwassereinlauf am Pumpwerk erreichen – eine Top-Winterstelle! Georg, Basti und meine Wenigkeit stapfen mit neuer Motivation den Weg zum Pumpenhaus entlang. Das Wasser sieht tatsächlich fischbar aus! Aber … wo ist das Süßwasser, was hier sonst einläuft und die Meerforellen anzieht? Erinnerungen an den Sachkunde-Unterricht der Grundschule kommen hoch: Wasser gefriert bei unter 0° C! Nix Süßwasser. Und eine Stunde später auch die Gewissheit: Nix Meerforellen!
Auf dem Rückweg ein Wagen mit norwegischem Kennzeichen! Er hält neben uns und fragt, ob das Wasser hier fischbar ist. Guck an: Fliegenfischer aus Norwegen! Sind seit 'ner Woche hier auf Møn, um auf große Meerforellen zu fischen. Erfolglos. Immer wenn man denkt, man hat anglerisch die A...-Karte gezogen, erkennt man demütig, dass es andere (v.a. in Anbetracht Ihrer Anreise!) noch dämlicher erwischt hat.
Abends wieder lecker Essen, feine Rotweine und der Beschluss am Freitag einen Tag früher abzureisen. Geht aber auch nur, weil der Schneepflug es mittlerweile bis zu unserem Ferienhaus geschafft hat! Das war irgendwie alles anders geplant. Aber wenn wir schon keine tollen Fangfotos und Drillerlebnisse mitnehmen können, gab es eine ganze Menge anderer Dinge, die nicht weniger wertvoll sind: Es war genial mit einer so tollen Truppe (nicht alle kannten sich vor dem Trip!) im Kessel von Møn den Attacken von Frau Holle und Petrus zu trotzen. Nicht ein einziges Mal drohte die Stimmung zu kippen, wir haben mächtig Spaß gehabt und – das beste! - neue Freunde kennengelernt. Wir haben unsere Fliegenboxen aufgefüllt und tolle Winter-Impressionen auf den Digitalchip gebannt. Wir haben die Zeit verdammt gut genutzt!
Und ganz, ganz fest wurde der Gedanke gefasst, einen neuen Anlauf auf diese Insel zu wagen! Denn wir hatten in der gesamten Woche keinerlei Gelegenheit, auf einem der legendären Meerforellen-Riffs im Südosten von Møn zu stehen, den Frisör in Stege, der Meerforellenblinker verkauft, zu besuchen, Würfe im türkis-grünen Wasser vor den 60 Meter hohen Kreidefelsen zu machen … und eine der berühmten Großforellen dieser schönen Insel zu haken!
Møn, wir kommen wieder!!!
Nüzzjanix.
Autor: Holger Bente