Meerforellen-Grabenkämpfe
Region: Fünen
Wir sitzen abends in unserem nicht weit von Fynshoved gelegenen Ferienhaus auf Fünen (übrigens gibt’s beim Anbieter Dansk.de* spezielle Ferienhäuser zum Angeln!) und versichern uns gegenseitig, dass wir richtig gehört haben: „Burggraben?! Wieso Burggraben??“ Als unser dänischer Guide Søren Kollege Sven Klöer und mir nach zwei herrlichen Tagen Meerforellenfischen an der Ostküste Fünens mitteilte, dass wir am dritten und letzten Tag unserer Tour an einem Burggraben der Stadt Nyborg fischen würden, dachte ich echt, ich wäre im falschen Film! Rotaugen stippen? Halbstarke Hechte ärgern? Kunstköder in Seerosenfeldern versenken?
Was soll's? Man ist schließlich gut erzogen, lässt sich Verwunderung und Skepsis nicht anmerken, packt ein paar Wobbler mit Tauchschaufel in die Meerforellenbox und fügt sich seinem Schicksal. Wir parken direkt am Nyborg Voldgravsystem, einem Burggraben, der sich im Unterlauf der Ladegard Å befindet und … Zugang zum Meer (!) hat. „Guck an ...“ denke ich. „... könnten doch ein paar verirrte Fettflossenträger durch den Graben ziehen ….“.
Haus am See
Wir schlagen unser Basislager direkt am Vereinsheim des Angelvereins Nyborg Sportsfiskerforening auf. In einer Art urgemütlich eingerichteter Schrebergartenlaube mit Steg am direkt neben dem Nyborg Voldgravsystem liegenden Ladegårds Sø nehmen wir Platz und lauschen den Erzählungen von Søren. Das Grabensystem und der See seien vor allem voller Hechte und Brassen. Einige große Karpfen, starke Alande und Barsche können ebenfalls gefangen werden. Ach, ja, dann wären da auch noch die Meerforellen. Die finden auf Ihrem Weg von Ihren Laichplätzen die Au hinunter Richtung Meer oft nicht mehr aus dem Grabensystem heraus und halten sich somit längere Zeit in diesen Gewässern auf. Während Søren erzählt, taucht auch schon die Pose seiner nebenbei ausgelegten Hechtrute ab und der erste, allerdings recht kleine, Hecht des Tages lernt die Welt jenseits der Wasseroberfläche kennen.
„Gut, dann gehen wir eben Hechte ärgern ...“, denken Sven und ich, schnappen unsere Spinnruten und marschieren an Spaziergängern und radfahrenden Schülern vorbei durch den Park und machen unsere ersten Würfe. Ich entscheide mich für einen kleinen Rapala-Husky Jerk in der Farbe Glass Perch, da ich auf den einen oder anderen guten Barsch hoffe und suche die Schilfkanten ab. Sven hat in der Zwischenzeit an einer anderen Ecke den erst vernünftigen Hecht am Band und steigert unseren Optimismus, doch noch den einen oder anderen besseren Fisch vor die Kamera zu bekommen.
Meerforelle!
Genau: „Kamera“! Als wir beide dieselbe Ecke an einer Holzbrücke im Nordwesten des Grabensystems befischen, ruft Sven: „Mach mal'n paar Würfe an die Seerosen und ich fotografier das …!“ Der erste Wurf, drei Kurbelumdrehungen und Biss! „Hecht!“ rufe ich noch, um mich gleich wieder zu korrigieren: „Nee, das ist kein Hecht! Das ist 'ne Forelle … 'ne Meerforelle!!!! Gibbsdochgarnich!“ Die Landung von dem etwas erhöhten Steg gestaltet sich schwierig, aber alles geht gut. Die erste „Graben-Forelle“ ist gelandet! Nach kurzem Foto-Termin darf der schlanke Fisch wieder schwimmen in der Hoffnung, dass er den Weg zurück ins Meer findet.Kurze Zeit später ist Sven's Rute erneut krumm. Diesmal ist es kein Hecht. Wieder hat sich eine Meerforelle den Wobbler geschnappt, wird gelandet und wieder ins kühle Element entlassen. Keine Viertelstunde vergeht und eine weitere Meerforelle von knapp 60 Zentimentern steigt auf meinen Wobbler ein! Auch diese Forelle zieht nun weiter Ihre Kreise im Burggrabensystem von Nyborg …
Nachdem wir noch einige Nachläufer beobachten können (einmal sogar zwei größere Meerforellen, die mehrmals unsere Köder quasi im Duett verfolgen), die sich allerdings nicht zu einem Biss entschließen, beenden wir diesen denkwürden „Meerforellen-Tag“. Auch für uns eingefleischte Meerforellen-Küstenangler ist es ein absolut spannendes Erlebnis gewesen, diese tollen Fische in einer derart untypischen Atmosphäre fangen zu können.
Auf jeden Fall wird durch diese Meerforellen-Pirsch am Seerosenfeld unser Fünentripp einen ganz besonderen Platz in unserer Erinnerung einnehmen. Und wer weiß? Vielleicht halte ich in Zukunft an der Küste nicht mehr nur nach Steinriffen, Strömungskanten und Leopardengrund Ausschau, sondern schaue ein wenig aufmerksamer Richtung Seerosenfeld des küstennahen Bachs …?
Autor: Holger Bente