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Europameisterschafts-Vorrunde 2012: Klieschen gegen Petermännchen

Rubrik: Fishmaps-Bericht
Region: Nordwestseeland & Isefjord
Brandungsangeln vor Klintebjerg in Odsherred
Und ab damit Richtung Horizont!
Fischarten: Flunder, Petermännchen

„Hej, Deutschland!“ klingt es mir von einem gerade angekommenen Angler entgegen, kurz nachdem ich meine Brandungsruten am Strand von Klintebjerg in Position gebracht habe. „Hej, Danmark …!“ antworte ich in der selbstverständlichen Annahme, dass sich nun ein Einheimischer zu mir gesellt. Aber: „Nein, nein, bin nicht von Danmark, bin von Holland, komme aus Groningen!“

Deutscher und Holländer am dänischen Strand

Na, das ist ja lustig, dachte ich mir: Vorabend des Vorrunden-Spiels gegen die Niederlande bei der EM 2012 und ich sitze hier in Dänemark mit 'nem holländischen Nachbarn am Strand! Aber, nein, Fußball war heute Abend überhaupt kein Thema zwischen uns. Heute am 12. Juni sitzen meine Liebste und ich bei sommerlich-sonnigem Wetter an der Küste von Klintebjerg im Norden Seelands und wollen mal sehen, was an diesem Strand so umher schwimmt und vielleicht auf unsere Köder reinfällt. Mein holländischer Angel-Nachbar macht inzwischen auch seine Ruten klar. Zuvor aber erfahre ich, dass er seit Jahren hier oben in der Region Odsherred seinen Urlaub verbringt. Und die Angel hat er immer dabei. Plattfische gebe es hier in rauen Mengen. Allein gestern habe er zahlreiche richtig dicke Flundern und Klieschen hier am Strand fangen können. Überhaupt sei dieser Strand einer der besten zum Plattfischangeln in der Region.

Und das glaube ich ihm gerne: Direkt wo der Klint Havnevej an einem großen Schotter-Parkplatz endet, wechselt der Grund von bestem Meerforellen-Revier (dunkler Untergrund, Steine, Blasentang) zu reinem Sandgrund. Überdies erreicht dass Wasser bereits in Wurfweite eine anständige Tiefe! Tolle Bedingungen – ohne Frage! Während mein holländischer Nachbar seine Seeringelwürmer an seinen mittelstarken Spinnruten max. 40-50 Meter auswirft, erreiche ich mit meinem Brandungsgerät die Außenseite der Sandbänke, bevor es weiter draußen richtig tief wird. Beködert sind meine Montagen zum einen mit Seeringelwürmern, die ich mir am Köderautomat in Sjællands Odde besorgt habe, und Makrelenfetzen. Die Makrelen kommen vom Fischhandel in Havnebyen, den ich jedem, der mal hier oben zum Angeln unterwegs ist oder Erholungsurlaub macht, nur wärmstens empfehlen kann: zum Einen gibt es dort die gesamte Palette der Kattegat-Fische und -Meerestiere vom Steinbutt bis zu echten Scampi (jawoll, die gibt’s im Kattegat!) fangfrisch zu sensationell günstigen Preisen, zum anderen gibt es hier DIE Fischfrikadellen überhaupt! Machen süchtig die Dinger, ehrlich!

Klieschen am Kreishaken

Aber zurück an den Strand: Obwohl mit Windstille und blauem Himmel gerade alles andere als Brandungsangel-Wetter herrscht, kommt schnell Leben in meine Rutenspitzen! Die erste Klieschendoublette hat sich die Seeringelwürmer am Circle-Hook reingeschraubt. Wobei die genialen Kreishaken (engl. „Circle-Hooks“) zum Glück weit vorne im Maul sitzen. Auch an den Ködern der anderen Rute, den Makrelenfetzen, finden sich schnell Interessenten: wieder sind es Klieschen, diesmal ein wenig größer, die ich an Land drehe. Und so geht es munter weiter … ein Biss nach dem anderen und eine Kliesche nach der anderen lassen die Angelei echt kurzweilig werden. Allerdings sind keine wirklich großen Vertreter dieser Plattfischart dabei. Maximal 30 Zentimeter haben meine besten. Komischerweise lässt sich auch keine Flunder blicken.

Und dann gibt es da noch eine Fischart, die zwar eigentlich erst ab Sommer an den Küsten des Kattegat auftaucht (Hey, immerhin haben wir Mitte Juni!), aber die ich gerne mal hier an die Angel bekommen würde. Außerdem bestätigte mir mein holländischer Nachbar zur Linken, dass man diese speziellen Fische hier im Spätsommer fast permanent am Haken hat. Ich werfe erneut aus und dieses Mal so weit es eben geht an die dunklen und tiefen Bereiche weit draußen heran. Erneut lässt der Biss nicht lange auf sich warten. Vorsichtig kurble ich die Montage heran (wichtig bei Circle-Hooks: kein Anhieb!) und das Rucken in der Rute zeigt, dass wieder ein Fisch hängt! „Wieder ein Platter …?“ denke ich noch, da der Fisch während des Heranholens nicht vom Grund hochkommt. Doch dann sehe ich einen länglichen Fischkörper mit türkisem Schimmer am Ende der Montage: das erste Petermännchen!

Gierig und giftig!

Jetzt aber vorsichtig! In den Stachelstrahlen der ersten Rückenflosse und in den Dornen auf den Kiemendeckeln haben diese hübschen Fische ein ausgesprochen starkes Gift, das auch den stärksten Wikinger aus den Schuhen haut! Es ähnelt von der Wirkung her dem der Kreuzotter. Mit Höllen-Respekt löse ich das Petermännchen vom Haken und entlasse es wieder ins Meer. Von nun an beißen Klieschen und Petermännchen fast um die Wette! Unglaublich, was dort draußen auf den Sandbänken an Fischen umher schwimmen muss!

Gegen 22 Uhr verschwindet die Juni-Sonne in einem grandiosen Farbenspiel vor uns am Horizont. Es wird merklich kühler und wir beschließen einzupacken. Auch mein holländischer Nachbar hat bereits seine Utensilien verstaut und grüßt noch einmal zum Schluss mit einem kleinen Seitenhieb auf's anstehende Länderspiel: „Schönen Urlaub noch! Aber morgen Abend … da müsst Ihr Deutschen ganz tapfer sein!“ Wie die Fußballfans unter uns wissen, musste ich das nicht – das Spiel ging 2:1 für Deutschland aus ;-) Auf dem Weg zum Wagen sehe ich dann plötzlich, wie rechts von unserem Angelplatz in der Dämmerung zweimal Meerforellen in voller Länge aus dem Wasser springen. Und eine davon ein richtig dolles Kaliber! In so einer Situation das Angeln zu beenden und ins Ferienhaus zu fahren … das ist tapfer!

Nüzzjanix,

Holger

 

Autor: Holger Bente
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