Angeln auf Sjællands Odde - Fische vor den Füßen
Region: Nordwestseeland & Isefjord
Eigentlich will ich ja vorrangig an die berühmte Spitze von Sjællands Odde: Gniben. Ist ja wohl mal mehr als klar, dass dort Fisch ist – und nicht zu knapp! Weit, sehr weit ragt die schmale Landzunge (dänisch „Odde“) hier in das Kattegat hinein und jeder Angler weiß aus Erfahrung, dass hier Strömungen zusammentreffen, was wiederum für Bewegung im Wasser und damit für Fisch sorgt! Na ja, oder man hat's halt mal von 'nem Kumpel gehört oder irgendwo gelesen …
Unser Ferienhaus von Dansk.de* liegt auch strategisch absolut günstig, um sich mal eben ins Auto zu setzen und nach nicht mal fünf Minuten dort hin zu gelangen. Blöd nur, dass die Sache einen Haken hat: Ich fahre also morgens Richtung Gniben und wundere mich schon, was für ein Betrieb auf dem ansonsten sehr selten befahrenen Gnibenvej herrscht. Kurze Zeit später erkenne ich warum: Es ist Wachwechsel im Militärgebiet am Ende der Landzunge. Da ich vor militärischen Anlagen (und ganz besonders im Ausland) mächtig Respekt habe, parke ich erst mal auf dem vor dem Zugang zum Militärgebiet liegenden Parkplatz direkt an der Küste.
Bis zur Schranke - dann angeln!
Und guck mal an, was sehe ich am Wasser direkt vor dem Parkplatz? Drei Angler! Aber lass mal, ich habe ja besseres vor! Kaum habe ich den Satz zu Ende gedacht, lese ich leicht deprimiert im Infokasten gleich neben der Einfahrt mit der Schranke, dass der Zugang zum Militärgebiet und damit zur Landspitze wochentags erst ab 16 Uhr erlaubt ist. Nee, nä? Jetzt habe ich mich aber bereits aus dem Bett gequält und die Liebste schlafen lassen, um mal fix die Wathose anzuziehen und Fisch an die Fliegenrute zu bekommen und dann so was! Aber was soll's. Eigentlich stehe ich ja bereits unmittelbar an der Küste und soooo schlecht sieht der Abschnitt hier auch gar nicht aus! An der Grenze zum Militärgebiet größere Blasentangfelder, und dahinter dunkler Mischgrund.
Also dann eben hier! Wathose angezogen, Rute klar gemacht, noch fix die drei Dänen, die hier anscheinend auf Hornhecht angeln, grüßen und ein paar Meter weiter laufen, um mal von der leicht erhöhten Küste den Abschnitt zu begutachten. Nachdem ich rund 700 Meter (von wegen eben mal ein paar Meter laufen!) den kiesigen Strand abgelaufen bin, habe ich das auffällige Kap erreicht, das mich irgendwie magisch anzieht. Und hier sieht der Untergrund ganz besonders interessant aus! Der dunkle Untergrund weicht ausgedehnteren Sandbänken, zwischen denen immer wieder kleinere Kiesbänke und Tangfelder auszumachen sind. Sieht so was von mega-fängig aus!
Keine Panik bei Petermännchen
Nachdem ich in den Tagen vorher schon raus gefunden hatte, dass sich hier an der Küste zahlreiche Sandaalschwärme aufhalten (hier der passende Bericht), beginne ich mit einem kleinen Sandaal-Streamer. Bereits nach fünf Würfen der erste Biss – Fisch hängt! Aber komisch, verhält sich gar nicht wie 'ne Meerforelle. Und erst Recht nicht wie ein Hornhecht. Der Fisch krümmt die Rute ganz gut, aber kommt gar nicht richtig vom Grund weg! Vielleicht ein kleiner Dorsch? Oder doch ein Plattfisch? Und dann sehe ich schon den türkisen Schimmer und die längliche Gestalt: Ein Petermännchen! Der ausgesprochen hübsche Giftzwerg (super-fieses Gift in der Rückenflosse und den Kiemendeckeldornen!) hat mal eben die Fliege inhaliert und liegt jetzt vor mir im flachen Uferwasser.
Gaaaanz, ganz vorsichtig ziehe ich den Fisch heran, greife zur Lösezange und … fasse ins Leere! Das zweite mal heute: Nee, nä?! Habe das Teil wohl im Wagen gelassen. Mangels anderer Hilfsmittel zum Hakenlösen (selbiger sitzt zum Glück weit vorne im Maul) suche ich ein Stöckchen und versuche den recht „offensiv“ zappelnden Fisch unter permanentem Zurückzucken meinerseits vom Haken zu lösen. Muss mächtig blöd und anfängerhaft aussehen, falls mich jemand so sehen sollte! Wie auch immer: Hakenlöse-Aktion gelingt und das Petermännchen schwimmt irritiert davon, während ich erleichtert hinter her schaue.
Nachdem die nächsten beiden Bisse sich wieder als Petermännchen entpuppen und ich abermals keine gute Figur beim Hakenlösen mache, höre ich für heute auf und beende diesen nervenaufreibenden Trip. Erst auf dem Rückweg zum Auto fällt mir ein, dass Petermännchen ja eigentlich ganz vorzügliche Speisefische sein sollen. Na, da werde ich wohl nochmal gezielt einen Versuch starten!
Neuer Versuch auf Plattfisch
Zwei Tage später: Ich stehe mit Spinnrute, Eimer, GULP!-Seeringlern, Meerforellen-Blinkern UND HAKENLÖSER am gleichen Platz. Die Idee: Mit den künstlichen Seeringlern am Nachläufervorfach hinter den Blinkern die grundnahen Petermännchen verhaften! Müsste super einfach sein! Der Circle-Hook ist schnell beködert und fliegt auf eine der nur rund 20 Meter entfernten Sandbänke. Ich nehme Fühlung auf und … schon ist es da, dieses leichte Zittern und Rucken in der Rutenspitze: ein Biss! Der Anhieb kommt schnell, der Fisch sitzt und an den Strand ziehe ich … eine Kliesche! Nicht wirklich groß und auch nicht der Zielfisch, also darf sie wieder zurück. Der nächste Wurf auf die kleine Sandbank: Wieder ein Biss und … wieder eine Kliesche! Diesmal etwas größer. Gut. Die darf mit. Nachdem ich von dieser Sandbank ungefähr zehn Klieschen fangen konnte, geht endlich das erste Petermännchen an den Haken! Na also, geht doch! Und dank Hakenlöser hält sich mein Adrenalinspiegel beim Versorgen des Fisches auch in erträglichen Grenzen.
Ich beschließe, eine andere Sandbank keine fünf Meter weiter zu befischen. Wurf, Biss, Fisch … diesmal aber eine Flunder! Und ein richtig fettes Teil von 40 Zentimetern! Dann wieder eine Kliesche und wieder eine fette Flunder mit 41 Zentimetern! Die machen richtig Spaß an der leichten Spinnrute! Was muss auf diesen kleinen ufernahen Sandbänken für eine Fischdichte sein! Echt nicht zu fassen. Alles in allem habe ich jetzt aber wirklich genug Fisch (und feine Fotos!) für die nächsten Tage zusammen und immerhin drei Petermännchen, die auf den Grill kommen.
Und zum Thema Petermännchen in der Küche: Ganz vorzüglich! Festes, aromatisches Fleisch, das aber nicht zu lange gegrillt werden darf, sonst wird’s zu trocken. Einziger Wermutstropfen: Man ist doch insgesamt recht unentspannt während der Zubereitung der kleinen Biester. Bloß nicht aus Versehen an die Strahlen der ersten Rückenflosse kommen oder sich einen der fiesen Kiemendornen in die Hand jagen! Ich habe zwei Bekannte, denen so was bereits passiert ist und was die in Punkto Schmerzen berichtet haben – darauf kann ich gerne verzichten!
Aber hübsch sind'se schon, die bunten Kattegatbewohner. Und das Fangen mit leichtem Gerät macht tatsächlich auch Spaß! Muss man mal gemacht haben … als Angler, der den Nerven- und Gaumenkitzel sucht ;-)
Nüzzjanix,
Holger