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Æbelø - Ich hab im Paradies gefischt ...

Rubrik: Fishmaps-Bericht
Region: Fünen
Bed & Breakfast auf Fünen
Besser kann man den Tag nicht beginnen: Frühstück an einem Sommermorgen im Æbelø Bed & Breakfast
Fischarten: Meerforelle

Vorweg: Nicht, dass einer meckert! Dies ist kein Angelbericht (zumindest nicht überwiegend), sondern eher ein Erlebnisbericht über einen Tag auf Æbelø. Na ja, immerhin aus den Augen eines Anglers. Und ein Fisch war auch am Band …;-)

Die Insel spukte schon seit Jahren in meinem Kopf rum. Nicht allein wegen der Meerforellen! Besonders die Hindernisse, die überwunden werden müssen, um überhaupt erst einmal dort hin zu kommen: „Kilometerweit durch hüfttiefes Wasser waten, dann noch endloser Fußmarsch über eine Landzunge … nix für Weicheier!“ … so klangen mir noch die Worte von Ex-Rute&Rolle-Kollege Siegi im Ohr. „Und auf der Insel eine grandiose Landschaft und richtig tolle Nachtfischerei auf Meerforellen im Sommer! Muss man mal gemacht haben ...“.

Eigentlich war alles ganz anders geplant. Ein Spontan-Trip mit meiner Freundin Ines auf die Insel Ærø stand an: das vielleicht letzte Sommerwochenende des überwiegend verregneten 2012er Sommers optimal nutzen. Super Idee! So super, dass anscheinend auch viele andere die Idee hatten. Zu viele! Denn die Fähren nach Ærø waren restlos ausgebucht! Aber gab es da nicht diese Insel an der Nordküste von Fünen, auf die ich schon seit Jahren wollte? Jetzt wäre die Gelegenheit!

Die Insel Æbelø (deutsch „Apfel-Insel“) liegt im Norden der großen und für Ihre Meerforellen bekannten Insel Fünen nicht weit des kleinen Küstenortes Bogense. Über fünf Kilometer weit reicht die Insel an dieser Stelle von Fünen aus ins Kattegat. Ein ungefähr einen Kilometer langer Damm verbindet die Hauptinsel mit ihrem südlichen Anhängsel Æbelø Holm. Und um überhaupt auf diesen kleinen, flachen Südteil von Æbelø zu kommen, muss erstmal ein ca. 1,5 Kilometer langer Fußmarsch durch ein Flachwassergebiet bewältigt werden.

Wie auch immer, wir hatten uns entschieden! Æbelø sollte es sein. Eigentlich nicht als Angeltrip, aber schadet ja nie, 'ne Rute dabei zu haben! Die Unterkunft war auch schnell gefunden: Æbelø Bed & Breakfast im kleinen Ort Jersore keine zwei Kilometer vom Parkplatz auf der kleinen Halbinsel Lindø entfernt, von wo man nach Æbelø aufbricht. Übrigens allein schon wegen des Frühstücks zu empfehlen: selbstgebackenes Brot und Brötchen, Marmeladen-Eigenkreationen sowie Eier von den eigenen Hühnern schmecken einfach umwerfend gut!

Der Weg

Als wir am Samstag Morgen um 9.30 Uhr unseren Wagen auf dem Wiesen-Parkplatz am Ende des Weges Lindøhoved abstellen, stehen bereits um die zehn Autos dort und zwei weitere Gruppen von Tagesausflüglern treffen gerade ein. Aufgrund der hochsommerlichen Temperaturen habe ich mich gegen eine Wathose und für Surfschuhe entschieden, die wir uns netterweise von Fin, dem Vermieter unserer Unterkunft, leihen durften. Zwei wasserdichte Rucksäcke, gefüllt mit diversen Wasserflaschen, Proviant, Kamera, Fliegenboxen, Vorfächer etc. sind schnell geschultert, das Rutenrohr gegriffen und ab geht’s! Wir haben heute perfekte Bedingungen: leichter Südwind drückt das Wasser vom Land weg und Tiefstand der Gezeiten war vor einer guten Stunde (hier eine Gezeiten-Tabelle).

Gut zu wissen: Selbst bei extremem Hochwasser (Vollmond, auflandiger Wind) reicht das Wasser nie höher als bis zur Hüfte. Im Idealfall ist's aber nur knöcheltief. Der Weg vom Parkplatz bis nach Æbelø Holm geht über vorwiegend festen Untergrund, auf dem ab und an Steine oder Muscheln liegen. Man überquert trockenen Fusses Æbelø Holm und erreicht Brådet, den schmalen und eher selten an einigen Stellen überfluteten Damm, der einen nach Æbelø führt. Am Ufer überall Spuren von Huftieren. Paarhufern, um genau zu sein. Vielleicht das Damwild, was auf dieser Insel vorkommt? Oder die Mufflons, die hier ebenfalls die Wälder durchstreifen …?

Hinter und vor uns Tagesgäste, die – genau wie wir – den mühevollen Weg auf sich nehmen, um den Sommertag auf dieser sagenhaften Insel zu verbringen. Aber da kommt uns doch ein Typ entgegen, der 'ne lange Stange hält, die Wathose bis zur Hüfte runtergekrempelt und 'nen Schlafsack geschultert hat … ein Angler! Wie sich heraus stellt, hat der Däne die Nacht auf der Insel verbracht und heute morgen mit der Fliegenrute auf Meerforelle gefischt und … gefangen! Er berichtet, dass er schon seit Jahren hier fischt. „It's not because this is a very good place for seatrout-fishing. It's because of the place itself ...“. Er berichtet völlig selbstverständlich von den besten Stellen, wann wo und wie man hier am besten Meerforellen fängt und wünscht uns viel Glück! „Vielleicht doch nicht so blöd, meine Fliegenrute mitgeschleppt zu haben“ denke ich so bei mir …

Der Osten

Wir passieren einen in der Mitte offenen Zaun und sind auf Æbelø. Endlich! An uns vorbei fährt ein Traktor mit Anhänger, der nicht mehr ganz so sportliche Gäste auf die Insel bringt. Guck an, so geht’s auch …! Dann aber Ruhe. Nur noch Wind in den Bäumen, Meeresbrandung und sonst nichts. Wir nehmen den Weg, der mittig die Insel hinaufführt und biegen dann rechts in den Østvejen ab. Uralte Eichen, verwachsen und mit Stämmen, die vier erwachsene Männer nicht umfassen können, säumen den Weg. Zwischendurch immer wieder umgestürzte und skelettartig aufragende, abgestorbene Bäume. Hier bleibt alles liegen. Nichts wird bewirtschaftet oder weggeräumt. Eine absolut ursprüngliche Atmosphäre. „Sherwood Forest meets Jurassic Park“ denke ich so bei mir, als immer größere Farnfelder auftauchen. Und dann endlich (hey, ich bin Angler!) Küste! Mann, sieht das genial aus! Absolut perfekter Meerforellengrund mit ausgedehnten Blasentangfeldern, großen Steinen, sandigen Flecken. Ein Bilderbuch-Angelrevier! Es gibt auch mehrere Abstiegsmöglichkeiten an der Westküste um den exponierten Angelplatz Tjørnehule. Schöner kann eine Kulisse für Meerforellenangler kaum aussehen! Aber wir waren ja nicht zum Angeln hier …

Der Norden

Der Weg verlässt (leider!) die Küste und führt vorbei an einer alten Ruine (Østre Hovedhus) und in einiger Entfernung zum Angelplatz Østerhoved Spids zu einer Wiese und einem Aussichtspunkt direkt auf der Steilküste. Glück muss man haben: Wir sind die Ersten und sichern uns den besten und von Büschen unverbauten Platz. Rucksack abladen, Essen und Getränke auspacken und die Sicht genießen. Tja, und so unterschiedlich sind die Vorlieben: Ines lässt den Blick über die malerische Bucht mit dem kristallklaren Wasser und dem ankernden Segelboot schweifen, ich scanne die Uferzone unter mir ab. Blasentang. Steine. Muschelfelder. Sandaale. Sandaale?! Keine zehn Meter vom Ufer durchbrechen einige Sandaale immer wieder die Wasseroberfläche. Dann ein Schwall von einem jagenden Fisch in den Schwarm! Eine gefühlte ¾ Sekunde später habe ich die Surfschuhe angezogen, die Fliegenrute aufgetackelt, bin den steilen, kleinen Trampelpfad die Küste mehr runter geschlittert als geklettert und ziehe Schnur von der Rolle. Beim dritten Wurf bereits Kontakt, Anhieb, Fisch hängt, springt und … ab! Irgendwie irreal: mitten in der Mittagshitze in kristallklarem Wasser Meerforellenangeln. Gut, bei diesem einen Kontakt bleibt es auch (immerhin konnte Ines den auch noch auf Foto bannen!). Die restliche Zeit genießen wir einfach nur das geniale Wetter und die unglaubliche Aussicht über das blaue Kattegat mit Sicht bis zur kleinen Insel Endelave weit nördlich von Æbelø.

Der Westen

Ein weiterer markanter Punkt der Insel und berühmter Meerforellenplatz ist unsere nächste Zwischenstation: der alte Leuchtturm von Æbelø. Weithin sichtbares Seezeichen an der äußersten Nordwest-Spitze der Insel. Und gleichzeitig Anlaufpunkt für viele Angler, die an dieser strömungsreichen Stelle auf Meerforelle fischen wollen. Und hier treffen wir den zweiten Meerforellenangler, der es sich gerade im Schutz des Steilufers bequem eingerichtet hat. Gut ... wenn man Schlafsack und Rucksack abladen denn als „bequemes Einrichten“ bezeichnen darf. Er hat vor, die Nacht zu bleiben und genau dieses Kap und die umliegenden Strände intensiv zu befischen. Sieht auch klasse aus mit dem an der Spitze ins Wasser laufenden Riff und den großen Steinen. Weitere 500 Meter die Westküste in südlicher Richtung runter bleibt der Untergrund überwiegend steinig (und für Meerforellenangler „fischig“) um dann allmählich in kiesig-sandigen Grund mit einer seichten Wanne am Ufer und ausgeprägter Sandbank dahinter überzugehen.

Der Rückweg

Wir biegen ungefähr auf Höhe des alten Hafens (nur eine Steinmole ist noch davon übrig) ab Richtung Inselinneres und machen uns über den fast schnurgeraden Hovedvejen auf Richtung Süden. Und plötzlich sehen wir es: Damwild! Eine ganze Herde rennt über eine Wiese und bleibt zumindest so lange stehen, bis ich es schaffe, sie auf Kamera zu bannen. Ist jetzt auch genug drauf, auf dem Speicher-Chip: Damwild, uralte Eichen, der für Æbelø bekannte Tagfalter Waldbrettspiel, der selten gewordene Aronstab, beeindruckende Küsten und … eine Meerforelle!

Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir wieder am Parkplatz auf Lindø an, schaffen es auch noch bis zum Æbelø Bed & Breakfast, duschen, öffnen eine Flasche Rjoja, knabbern erschöpft an ein paar Stücken Käse und fallen viel zu früh ins Bett. Und ich denke vor dem Einschlafen voller Vorfreude an das nächste Mal, wenn ich wieder hier bin. Mit Fliegenrute, Wathose und Schlafsack. Muss einfach sein ...

Denn ich habe im Paradies gefischt. Und wer möchte dahin nicht zurückkehren …? ;-)

Holger

 

Autor: Holger Bente
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